Pressemitteilung der Initiative Amed Ahmad vom 4. März 2021

Wer ein Verfahren mit dieser Begründung einstellt, will keine Aufklärung.
Einladung zur Pressekonferenz am 9. März 2021, ab 13:30 Uhr vor den Landtag Düsseldorf – ein Polizei- und Justizskandal.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

“Unsere Forderungen lauten Gerechtigkeit, Gerechtigkeit und Gerechtigkeit. Wir werden nicht aufhören, nach den Mördern von unserem Sohn zu fragen. Wir benutzen das Wort Mörder, weil Menschen Amed getötet haben oder seinen Tod verursacht haben.” (Malek und Fadila Ahmad, die Eltern von Amed Ahmad – im Oktober 2018)

Am 4.Februar 2021 ist das Ermittlungsverfahren gegen den Polizisten Frank G. eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor gegen den Polizeibeamten aus Geldern wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung ermittelt. G. soll die Inhaftierung von Amed Ahmad in der JVA Kleve im Sommer 2018 als Fehler erkannt, dann aber nicht für die Freilassung von Amed Ahmad gesorgt haben. Auch wurde geprüft, ob G. sich vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss “Kleve”, der seit 2019 im Landtag von Nordrhein-Westfalen für Aufklärung zu den Umständen der Inhaftierung und des Todes von Amed Ahmad sorgen soll, wegen falscher Aussagen als Zeuge strafbar gemacht habe. Nun hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt. Sie hätten keine hinreichenden Beweise dafür liefern können, dass G. vorsätzlich falsch gehandelt habe.

“Die Staatsanwaltschaft legt vermutlich aus politischen Gründen bei der Strafverfolgung von Polizeibeamt:innen andere Maßstäbe an, als im Normalfall. Es ist abwegig, bei der Freiheitsberaubung nur von Fahrlässigkeit auszugehen. Die handelnden Polizeibeamt:innen haben die Inhaftierung der falschen Person billigend in Kauf genommen”, so die Anwälte der Familie Ahmad, Forst und Reinecke.

Die Initiative Amed Ahmad, die die Angehörigen und Freund:innen von Amed Ahmad in der Öffentlichkeit vertritt, fühlt sich an den Brand-Tod von Oury Jalloh erinnert, der vor 16 Jahren in einem Haftraum der Polizeistation in Dessau unter bisher ungeklärten Umständen starb. Wie im Ringen um die Aufklärung zu Oury Jallohs Tod, müsse nun auch die Familie von Amed Ahmad gemeinsam mit ihren Anwälten gegen die vorgeblichen Gedächtnislücken der Polizei- und Justiz-Beamt:innen der Kreispolizeibehörde Kleve und der JVA kämpfen. Sie befürchten, dass der Fall zu den Akten gelegt und somit lediglich als “tragische Datenpanne” in Erinnerung bleiben wird. Dabei seien die ungeklärten Fragen um die Inhaftierung und den Tod von Amed Ahmad mit der Zeit nicht weniger, sondern zahlreicher geworden.

Lena Wiese, eine Sprecherin der Initiative Amed Ahmad ist überzeugt: “Die rassistische Stigmatisierung, Kriminalisierung und Pathologisierung von Amed Ahmad, wie er sie vor seiner Inhaftierung erleben musste, ist mitverantwortlich für seinen Tod am 29. September 2018.” Die Kritik der Initiative richtet sich auch an NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), Justizminister Biesenbach (CDU) sowie an die beteiligten Staatsanwaltschaften. Sowohl die politisch Verantwortlichen als auch die Ermittlungs- und Justizbehörden seien nicht an einer vollumfassenden Aufklärung zu den Hintergründen von Amed Ahmads Tod interessiert. Ohne konsequente Aufklärung und strukturelle Veränderungen befürchtet die Initiative aber, dass auch weiterhin vor allem migrantisierte Menschen im Kontakt mit den Polizeibeamt:innen der Kreispolizeibehörde Kleve um ihr Leben fürchten müssen. “Wir können nicht ausschließen, dass so etwas jederzeit wieder passieren kann. Wer schützt uns dann?”, fragt Filiz Onat, eine Freundin von Amed Ahmad und Gründerin der Initiative. Sie verweist dabei auf deutschlandweit 179 weitere ungeklärte Fälle von Tod in Polizeigewahrsam seit 1990, die von der Kampagne “Death in Custody” aufgearbeitet wurden.

Für den Dienstag, den 9.März 2021, ab 13:30 Uhr, organisiert die Initiative Amed Ahmad eine Pressekonferenz vor dem Landtag in Düsseldorf mit den Eltern und Freund:innen von Amed Ahmad, dem Anwalt Sven Forst und Naciye Alpay als Vertreterin der Unabhängigen Internationalen Kommission zur Aufklärung des Todes von Oury Jalloh anlässlich der 28. Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Im Anschluss ist eine Kundgebung vor dem Landtag angemeldet

Mit freundlichen Grüßen
Initiative Amed Ahmad

 

Die Tagesordnung des Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der am 9. März um 14:30 Uhr beginnt: https://www.landtag.nrw.de/home/parlament-wahlen/tagesordnungen/WP17/1700/E17-1717.html

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Telefon: 0152 13235836

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Aufklärung und Gerechtigkeit für Amed! Kundgebung mit Pressekonferenz am Di., 9. März 2021

Wer ein Verfahren mit dieser Begründung einstellt, will keine Aufklärung. Wir fordern unverändert: Aufklärung und Gerechtigkeit für Amed Ahmad!
Wir, als Initiative Amed Ahmad, rufen euch zu einer Kundgebung am Dienstag, den 9. März 2021 ab 13:30 Uhr anlässlich der 28. Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschuss III (Kleve) vor dem Landtag Düsseldorf auf. Wir werden den Polizei- und Justizskandal um das vorläufige Ende der Strafermittlungen zur widerrechtlichen Inhaftnahme und zum Tod von Amed Ahmad nicht unkommentiert lassen.
 
 
“Unsere Forderungen lauten Gerechtigkeit, Gerechtigkeit und Gerechtigkeit. Wir werden nicht aufhören, nach den Mördern von unserem Sohn zu fragen. Wir benutzen das Wort Mörder, weil Menschen Amed getötet haben oder seinen Tod verursacht haben”. (Malek und Fadila Ahmad, die Eltern von Amed Ahmad – im Oktober 2018)
 
 
 
Am 4. Februar 2021 ist das Strafverfahren gegen den Polizisten Frank G. eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor gegen den Polizeibeamten aus Geldern wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung ermittelt. G. soll die Inhaftierung von Amed Ahmad in der JVA Kleve im Sommer 2018 als Fehler erkannt, dann aber nicht für die Freilassung von Amed Ahmad gesorgt haben. Auch wurde geprüft, ob G. sich vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss “Kleve”, der seit 2019 im Landtag von Nordrhein-Westfalen für Aufklärung zu den Umständen der Inhaftierung und des Todes von Amed Ahmad sorgen soll, wegen falscher Aussagen als Zeuge strafbar gemacht habe. Nun hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt. Sie hätten keine hinreichenden Beweise dafür liefern können, dass G. vorsätzlich falsch gehandelt habe.
“Die Staatsanwaltschaft legt vermutlich aus politischen Gründen bei der Strafverfolgung von Polizeibeamt:innen andere Maßstäbe an, als im Normalfall. Es ist abwegig, bei der Freiheitsberaubung nur von Fahrlässigkeit auszugehen. Die handelnden Polizeibeamt:innen haben die Inhaftierung der falschen Person billigend in Kauf genommen”, so die Anwälte der Familie Ahmad, Forst und Reinecke.
 
Als Initiative Amed Ahmad, die die Angehörigen und Freund:innen von Amed Ahmad in der Öffentlichkeit vertritt, fühlen wir uns an den Brand-Tod von Oury Jalloh erinnert, der vor 16 Jahren in einem Haftraum der Polizeistation in Dessau unter bisher ungeklärten Umständen starb. Wie im Ringen um Aufklärung zu Oury Jallohs Tod muss nun auch die Familie von Amed Ahmad gemeinsam mit ihren Anwälten gegen die vorgeblichen Gedächtnislücken der Polizei und Justiz-Beamt:innen und -Mitarbeitenden der Kreispolizeibehörde Kleve und der JVA kämpfen. Und wir befürchten, dass der „Fall“ mangels Aufklärungswillen zu den Akten gelegt werden soll und lediglich als „tragische Datenpanne“ in Erinnerung bleiben wird. Es waren aber die rassistischen Strukturen, die für Amed tödlich wurden.
So wurde erst gegen G. ermittelt, nachdem durch eine Presseveröffentlichung bekannt wurde, dass G. Wochen vor Amed Ahmads Tod in der JVA Kleve über dessen unrechtmäßige Inhaftierung informiert war. Besonders pikant ist, dass G. Amed Ahmad zu diesem Zeitpunkt bereits „kannte“, die lokalen Behörden in Geldern hatten ihn auf dem Kieker. Wir sind überzeugt, dass der institutionelle Rassismus der Polizei- und Justizbehörden sowie die rassistische Stigmatisierung und Kriminalisierung von Amed Ahmad, wie er sie vor seiner Inhaftierung erleben musste, mitverantwortlich für seinen Tod am 29. September 2018 ist. Konkret benennen wir dabei die Kreispolizeibehörde Geldern, das Amtsgericht Geldern, die JVA Geldern-Pont und Kleve, die beteiligten Staatsanwaltschaften, das Amt für Arbeit und Soziales Geldern sowie die Abteilung für Ordnungs- und Gewerbeangelegenheiten Geldern.
 
Unsere Kritik richtet sich auch an NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), Justizminister Biesenbach (CDU) sowie an die beteiligten Staatsanwaltschaften. Sowohl die politisch Verantwortlichen als auch die Ermittlungs- und Justizbehörden sind an einer vollumfassenden Aufklärung zu den Hintergründen von Amed Ahmads Tod nicht interessiert. Ohne konsequente Aufklärung befürchten wir aber, dass auch weiterhin vor allem migrantisierte Menschen im Kontakt mit den Polizeibeamt:innen der Kreispolizeibehörde Kleve und andernorts um ihr Leben fürchten müssen. Wir haben von Anfang an gefragt, wer uns und unsere Kinder schützt, wenn wir nicht ausschließen können, dass so etwas jederzeit wieder passieren kann. Verwiesen sei dabei auf deutschlandweit 179 weitere ungeklärte Fälle von Tod in Polizeigewahrsam seit 1990, die von der Kampagne “Death in Custody” aufgearbeitet wurden.
 
Für den Dienstag, den 9.März 2021 organisieren wir daher ab 13:30 Uhr eine Kundgebung und eine Pressekonferenz mit den Eltern und Freund:innen von Amed Ahmad, den Anwälten Forst und Reinecke und der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh anlässlich der 28. Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vor dem Landtag Düsseldorf.
 
 
Wir wollen zusammen kommen, um das deutsche und auch das europäische Asylsystem anzuklagen, dass Amed systematisch seiner Menschenwürde beraubt hat.
Wir klagen diejenigen an, denen Ameds unverschuldete Inhaftierung offenbar vollkommen egal war. Diejenigen, die ihn mit seinem Widerspruch, dass er nicht der Gesuchte sei, nicht ernst genommen haben, die seine fälschliche Inhaftierung wissentlich in Kauf genommen haben – oder sogar verursacht und vertuscht haben. Wir klagen diejenigen an, die Ameds Tod hätten verhindern können und die sich aus der Verantwortung herausreden. Wir klagen diejenigen an, die Amed selbst nach seinem Tod verleumdet haben. Und wir klagen diejenigen an, die allumfassende Aufklärung versprochen haben, aber ihr Wort nicht gehalten haben und von Anfang an nicht halten wollten.
Wir klagen ein System der Entmenschlichung und der Abwehr von Verantwortung an, wir klagen diese gesellschaftlichen Verhältnisse an, die so einen Tod möglich machen und bei einem Großteil der Menschen nur Gleichgültigkeit erzeugt.
 
Weil wir alldem nicht tatenlos zusehen werden, fordern wir:
eine lückenlose Aufklärung und Gerechtigkeit für Amed und für alle anderen Opfer rassistischer, patriarchaler und antisemitischer Gewalt. Dazu gehört für uns eine grundlegende Anerkennung der Mechanismen von institutionellem Rassismus der Polizei und Justizbehörden aber auch dem Rassismus der sogenannten Mehrheitsgesellschaft. Wir fordern mit Nachdruck, dass die erlebten Erfahrungen der Betroffenen, das erlebte Leid und der Verlust von einem geliebten Menschen endlich ernst genommen werden. Aus unserer Anklage muss die Forderung nach strukturellen Veränderungen der polizeilichen Behörden und Konsequenzen für alle Verantwortlichen folgen. Auch deshalb fordern wir öffentliche Orte des Gedenkens und des Erinnerns. Denn die Menschen, die hier getötet wurden, waren ein Teil dieser Gesellschaft der Vielen. Und auch deshalb fordern wir, dass die Perspektiven, die Erfahrungen und die Stimmen derjenigen, die zu lange nicht angehört wurde, endlich sichtbar werden, endlich angehört werden. Und all diese Menschen, die anklagen, die angeklagt haben, sie sind keine Opfer –
Sie erkämpfen sich hier und jetzt ihr Recht darauf gesehen und gehört zu werden – ihr Recht darauf, als Menschen gesehen und anerkannt zu werden.
Auch deshalb wollen wir immer wieder zusammen kommen, uns austauschen und gegenseitig stärken. Wir wollen unsere Forderungen nach grundlegenden Veränderungen immer wieder gemeinsam auf die Straße tragen! Wir wollen, dass die vielen Stimmen derjenigen, die schon zu lange nicht ernst genommen und überhört wurden, gemeinsam laut werden und endlich Gehör finden. Und wir werden niemanden bei diesem Kampf alleine lassen!
Wir wollen gemeinsam die Stimmen für diejenigen erheben, die nicht mehr für sich selbst sprechen können, weil ihnen diese rassistischen, patriarchalen und antisemitischen Strukturen bereits ihr Leben genommen haben. Wir wollen uns wieder unseren eigenen Erinnerungen bemächtigen und zugleich die Vielfalt der Erfahrungen nicht ignorieren.
Dass wir uns solidarisch aufeinander beziehen und füreinander Verbündete sind. Weil wir Menschen sind – von Kleve, Hanau bis Dessau – überall.
Für eine solidarische Gesellschaft der Vielen! Niemand ist vergessen!

Datenfälschung, Vertuschung, merkwürdige Personenzusammenhänge

Hier findet ihr einen aktuellen und sehr aufschlussreichen Artikel zu dem aktuellen Stand der Ermittlungen und den immer zahlreicher werdenden Fragen 

“Im „PUA Kleve“ – dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Inhaftierung und zum Tod von Amed Ahmad in der Justizvollzugsanstalt Kleve – häufen sich statt Antworten: Fragen. Manche weisen in unglaubliche Richtungen: Datenfälschung, Vertuschung, merkwürdige Personenzusammenhänge.

In seinen vergangenen Sitzungen, zuletzt am 19. Januar 2021, hat sich der Parlamentarische Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtages den offenen Fragen zum Brand-Geschehen in der JVA Kleve am 17.09.2018 zugewandt. Der Ausschuss widmet sich den Ursachen für die rechtswidrige Inhaftnahme von Amed Ahmad im Sommer 2018, seiner Monate währenden Zeit im Knast in Kleve – vorgeblich „verwechselt“ mit einem per Haftbefehl Gesuchten –, dem dann im September 2018 in seiner Zelle ausbrechenden Feuer und den Gründen dafür, dass der zu Unrecht Gefangene nicht deutlich früher aus dem Haftraum gerettet werden konnte. Im Beweisprogramm scheint der Ausschuss nun mit dem Themenwechsel hin zu den Hintergründen für den Zellenbrand den zuvor beleuchteten Komplex „Datenzusammenführung“ endgültig abschließen zu wollen.

Für jede weitere Aufklärung zur Haft und zum Tod von Amed Ahmad braucht es Aufmerksamkeit für jedes noch so kleine Detail. Die Anwälte der Familie, die sich auf rechtlichem Wege bemühen, die Behörden von der Dringlichkeit der Ermittlungen zu überzeugen, haben hier etliche, begründete Anhaltspunkte vorgelegt, warum die Erzählung von der „tragischen Verwechslung“, der „Datenpanne“ und den unglücklichen Umständen, die zur Inhaftierung von Amed Ahmad führten, falsch ist – vielleicht aber politisch gewünscht. Zugleich müssen sich nun, das wird immer deutlicher, alle Beteiligten eindringlich fragen, ob sie wirklich alles richtig gemacht haben. Öffentlich hat hierzu bisher noch kein*e einzige*r Zeug*in von sich selbst gesprochen, als es um Verantwortung ging. Wenigstens um eine moralische. Wenn eine*r das Schweigen bräche, wäre der Wahrheit geholfen. […]

Die nächsten Ausschuss-Sitzungen sind am 2.Februar, 9. März und 13. April 2021, jeweils um 14.30 Uhr. Der Besuch der öffentlichen Teile der Sitzungen ist nach wie vor möglich, die Abstands- und Hygieneregelungen sind angemessen. Bitte kommt zu den Ausschuss-Sitzungen – Öffentlichkeit ist wichtig!”

Baldige Urteilsverkündung im Prozess wegen des Mordes an Walter Lübcke und dem rassistischen Mordversuch an Ahmed I. und Aufruf zu solidarischen Grußbotschaften an Ahmed I.

“Besonders bitter an diesem Tag ist, dass Ernst voraussichtlich nicht wegen des Anschlags auf Ahmed I. verurteilt wird. Die Beweislage ist vor allem dünn, weil die Polizei schlecht ermittelte und das Gericht Ahmeds Aussagen nicht ernst nahm. Wir können uns bei der Aufklärung rechter und rassistischer Taten nicht auf den Staat verlassen. Das wissen wir schon lang.
Lasst uns Ahmed I. zeigen, dass wir ihm glauben, dass Rassismus das Motiv war! Lasst uns Ahmed I. zeigen, dass er nicht alleine ist – nie und vor allem nicht in dieser besonders schweren Woche! Schickt uns bei Instagram, Twitter oder per Mail initiative.6.april [at] gmx.de Videonachrichten oder sonstige Soli-Nachrichten an Ahmed. Wir werden Sie ihm alle weiterleiten. Lasst diese Woche die Solidarität größer sein als das Urteil!”

“Wenn sie damals, nach dem Tod von Şahin, in den Kreisen richtig ermittelt hätten […], hätte meines Erachtens die Katastrophe von Solingen verhindert werden können”

Im Gespräch erinnert Orhan Çalışır an seinen Cousin Şahin Çalışır und berichtet über verpasste Möglichkeiten, der Verhinderung des Solinger Brandanschlags: “Wenn sie damals, nach dem Tod von Şahin, in den Kreisen richtig ermittelt hätten […], hätte meines Erachtens die Katastrophe von Solingen verhindert werden können”. Und Orhan sagt weiter: “Auf staatliche Stellen können und dürfen wir uns nicht verlassen, hat die Erfahrung uns gelehrt. Sie haben diese Morde nicht verhindert. Und nichts sagt uns, dass sie es in Zukunft tun werden. Nur die Selbstorganisation und die Selbsttätigkeit der potentiellen Opfer, der Antirassistinnen und Antirassisten, der Migrantinnen und Migranten, kann rassistische Angriffe und Morde verhindern und uns eine Sicherheit geben.”

“Ich möchte, dass man meinen Vater niemals vergisst!” – Interview mit Gamze Kubaşık, Tochter von Mehmet Kubaşık, der 2006 vom rechtsterroristischen NSU ermordet wurde

 
Gamze Kubaşık ist die Tochter von Mehmet Kubaşık, der am 4. April 2006 vom rechtsterroristischen NSU in Dortmund erschossen wurde. Im Interview mit Ali Şirin, der im Bündnis Kein Schlussstrich Dortmund aktiv ist, spricht sie u.a. über ihren Vater, die Beziehung zu Dortmund und die erste Zeit nach der Ermordung ihres Vaters.
Das «Bündnis Tag der Solidarität / Kein Schlussstrich Dortmund» setzt sich in Solidarität mit den Angehörigen der Mordopfer und allen Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt dafür ein, dass das Gedenken aufrecht erhalten wird und dabei vor allem die Perspektive der Betroffenen im Vordergrund stehen.

16. Todestag von Oury Jalloh und Laye Alama Condé | In Gedenken an alle Opfer rassistischer Polizeibrutalität

Gestern, am 7.1.2021, haben wir an Oury Jalloh, Laye Alama Condé, Amed Ahmad, Katip Arslan, Halim Dener, Michael Haile, Adel B., Mohamed Idrissi, Ousman Sey, Dominique Koumadio, Mohammed Sillah, Slieman Hamade, Christy Omordion Schwundeck, Mareame N’Deye Sarr und alle anderen Opfer rassistischer Polizeibrutalität erinnert und gedacht. Wir gedachten auch denjenigen, deren Geschichte und deren Namen wir noch nicht kennen. Sie alle sind nicht vergessen, solange wir weiter für Aufklärung, Gerechtigkeit und strukturelle Veränderungen einstehen.
 
| Gedenken in Geldern/Kleve und Emmerich |
In Geldern, wo Amed Ahmad zuletzt gewohnt hat, wurde Amed am 6. Juli 2018 widerrechtlich festgenommen, in einen „besonders gesicherten Haftraum“ verbracht, und seiner Rechte und seiner Würde beraubt. Vier Tage später hat man Amed in die JVA Kleve verlegt, wo knapp zwei Monate später ein Feuer in seiner Zelle ausbrach, an dessen Folgen er am 29. September 2018 starb. Die Täter:innen sind immer noch nicht zur Verantwortung gezogen worden, institutioneller Rassismus wird als Motiv nach wie vor nicht untersucht…
Im April 2016 wurde Katip Arslan in Emmerich am Rhein von mehreren Polizeibeamt:innen kontrolliert, zu Boden gebracht, geschlagen und für mehrere Minuten fixiert – obwohl Katip da bereits das Bewusstsein verloren hatte. Die Schilderungen der Zeug:innen dieses Vorfalls erinnern uns stark an den Mord an George Floyd. Wenige Stunden später verstarb der 32-Jährige im Krankenhaus. Die Angehörigen und Freund:innen des Yesiden organisierten einen Trauerzug und forderten Aufklärung über diese unverhältnismäßige Polizeimaßnahme und Gerechtigkeit für Katip. Doch die Staatsanwaltschaft kam bereits wenige Tage nach dem Vorfall zu dem Schluss, dass kein Fehlverhalten der Polizist:innen erkennbar sei…
Wir klagen dieses System der Entrechtung und der Täter-Opfer-Umkehr, der Abwehr von Verantwortung an, wir klagen diesen institutionellen Rassismus und diese gesellschaftlichen Verhältnisse an, die den Tod von Oury, Amed und Katip – und so vieler Anderer – möglich machen.
Wir wollen gemeinsam die Stimmen für diejenigen erheben, die nicht mehr für sich selbst sprechen können, weil ihnen diese rassistischen Strukturen bereits ihr Leben genommen haben. Auf das wir uns solidarisch aufeinander beziehen und füreinander Verbündete sind. Weil wir Menschen sind. Für eine solidarische Gesellschaft der Vielen. Niemand ist vergessen!
 

Danke für eure Solidarität! Gemeinsam für die solidarische Gesellschaft der Vielen

Liebe Freundinnen und Freunde,
wir möchten uns bei euch allen für den Zuspruch und die Unterstützung, eure Spenden für Ameds Grabstein, den Austausch und die neuen Perspektiven, eure Anteilnahme und eure Empörung, die solidarische Zusammenarbeit und die gemeinsamen Kämpfe in diesem Jahr bedanken! Ohne euch hätten wir das alles nicht geschafft! Ihr habt uns immer wieder Mut gemacht, dass wir diesen Kampf für Aufklärung und Gerechtigkeit für Amed Ahmad gewinnen können – denn wir sind nicht alleine.
 
Erinnern heißt verändern: deshalb werden wir unsere Forderungen nach strukturellen Veränderungen immer wieder gemeinsam mit euch auf die Straße tragen. Wir wollen, dass die Stimmen derjenigen, die schon zu lange nicht ernst genommen und überhört wurden, gemeinsam laut und endlich angehört werden. Und wir werden weiterhin gemeinsam die Stimmen für diejenigen erheben, die nicht mehr für sich selbst sprechen können, weil ihnen diese rassistischen Strukturen bereits ihr Leben genommen haben. Auf das wir uns solidarisch aufeinander beziehen und füreinander Verbündete sind! Wir werden nicht aufhören, gemeinsam für die solidarische Gesellschaft der Vielen zu kämpfen – für eine Welt, in der wir ohne Angst verschieden sein können. Passt auf euch auf und seid weiterhin füreinander da.
Auch 2021: Von Kleve, Hanau bis Dessau – gemeinsam gedenken, solidarisch kämpfen!

Gedenken an Oury Jalloh am 7.1. – Aufruf der Karawane Wuppertal

“Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Schwestern und Brüder,
am 7. Januar 2021 sind 16 Jahre nach dem grausamen Tod von Oury Jalloh vergangen. Er wurde von der Polizei in Dessau unrechtsmäßig inhaftiert, malträtiert, an Händen und Füßen angekettet und in der gefliesten Zelle Nr. 5 der Polizeiwache in Dessau verbrannt. …
Wenn wir also am Todestag von Oury Jalloh zusammenkommen, weil wir dieses Jahr aufgrund der Pandemie nicht gemeinsam nach Dessau anreisen können, dann gedenken wir nicht nur ihm, sondern halten auch seine Hoffnungen und Wünsche lebendig: Seine Wünsche auf ein besseres Leben, …
 
 
Wenn wir aber gleichzeitig an ihn erinnern, legen wir die Verbindung zwischen seiner Ermordung und den Opfern, die wir überall anders beklagen mussten, offen. Wenn wir rufen „Oury Jalloh, das war Mord!“, machen wir die logische Kette zu den anderen Opfern rassistischer Polizei- oder Staatsbrutalität in Bremen, Dortmund, Essen, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Kleve, Remscheid… sichtbar. …
Oury Jalloh ist nicht alleine, solange wir dastehen und die Wahrheit über seinen Mord verbreiten. Und dort, wo wir stehen, mussten andere von uns gehen, weil sie Rassismus praktisch erfahren haben.
Brechen wir solidarisch das Schweigen und verteidigen die Wahrheit
Bauen und stärken wir die Gemeinschaften für eine dauerhafte Verteidigung unserer Grundrechte
Rassismus kann nie von den Tätern beseitigt werden, sondern von uns, von unten, und zwar nur gemeinsam. …
Den vollständigen Text des Aufrufs sowie die Druckdateien (PDF) in deutscher und englischer Sprache findet ihr auf http://thecaravan.org/node/4716
Weitere Veranstaltungen werden sowohl von Initiativen und Gruppen aus NRW (AGIF Föderation der ArbeitsmigrantInnen aus der Türkei, Antirassismustelefon Essen, Aufstehen gegen Rechts Essen, Black Lives Matters Köln, Initiative Amed Ahmad, Gerechtigkeit für Adel, Migrantifa, PayDay Africa International Köln, Solidarischer Stadtteilladen roter Stern Duisburg Ruhrort, …) als auch von uns im Laufe der nächsten Tage angekündigt.
 
In Solidarität bleiben wir verbunden
Eure lokale Gruppe
der KARAWANE für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen aus Wuppertal”