In Gedenken an Amed Ahmad

Vor zwei Jahren ist Amed gestorben. Die Umstände seines Todes sind immer noch ungeklärt. Wir sind in Trauer und gedenken seinem viel zu kurzen Leben.
Der junge Kurde ging in Syrien auf die Straßen, um gegen die Tyrannei von Assad zu demonstrieren. Er hat für ein Leben in Freiheit und Gerechtigkeit eingestanden. Mehrere Jahre Folter im syrischen Gefängnis und auch die Flucht nach Deutschland hat Amed überlebt. Mit den Worten von Ameds Vater, Malek Zaher Ahmad, gesprochen: “Wir sind vor dem Krieg in unserer Heimat nach Deutschland geflohen, weil wir an die Demokratiewerte dieses Landes glaubten.”
 
Amed wurde dann, nachdem er mehrere Monate in Geldern lebte und dort Freund:innen fand, im Sommer 2018 unschuldig in Geldern inhaftiert. Niemand hat Amed in der JVA Kleve ernst genommen, als er mehrmals gesagt hat, dass er unschuldig in Haft sitzt. Am 17. September 2018 brach in seiner Zelle ein Brand aus, dessen Ursachen bislang immer noch ungeklärt sind. Eine Woche nach dem Brand wurde Amed ins künstliche Koma versetzt und in ein Klinikum nach Bochum verbracht. Fünf Tage später, am 29. September 2018, starb Amed nach einer Lungentransplantation. 12 Tage lang haben Ärzt:innen versucht sein Leben zu retten.
Mindestens viermal wurden in dieser Zeit die mit Amed betrauten Ärzt:innen durch die beauftragten Brandgutachter der Kreispolizei Kleve angerufen, um “spontane Äußerungen” von Amed über die Brandursache in Erfahrung zu bringen. Diese verfolgten die Theorie, dass Amed den Brand selbst gelegt haben solle, um sich umzubringen. Bereits am 18. September 2018, also ein Tag nach dem Brand und seiner Einlieferung ins Krankenhaus, wurde gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen schwerer Brandstiftung eröffnet. Ein unabhängiges Brandgutachten, die Aussagen von Mithäftlingen, aber vor allem auch die Berichte der Angehörigen und Freund:innen von Amed, stellen diese Theorie deutlich in Frage.
Ameds Eltern und seine Freund:innen haben nur durch die Medien von seinem Tod erfahren. Niemand hat sie auch nur einmal angerufen, nachdem Amed durch die Folgen des Brandes lebensgefährlich verletzt im Krankenhaus lag. Vielmehr begannen die Verleumdungen gegen Amed in der medialen Öffentlichkeit zu kursieren, dass er seine Inhaftierung, seinen Tod selbst zu verschulden habe. Dass es schon den Richtigen erwischt habe – einen jungen, männlichen Flüchtling.
Amed wurde 26 Jahre alt. An Amed wollen wir heute gedenken. Wir klagen aber auch an.
Ameds Vater fragte bereits bei der Beisetzung am 13.10.2018, wer die Mörder seines Sohnes seien. Diese und so viele weitere Fragen sind für uns immer noch unbeantwortet. Und die ungeklärten Fragen und Widersprüche werden immer mehr. Wir fordern deshalb nach wie vor lückenlose Aufklärung und Gerechtigkeit! Wir fordern, dass sich so etwas nie mehr wiederholt! Wir fordern, dass alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden! Wir fordern, dass der institutionelle Rassismus der Polizei und Justizbehörden und die rassistische und tödliche Polizeigewalt endlich als strukturelles Problem anerkannt wird! Wir klagen aber auch das deutsche und europäische Asylsystem an, dass Amed, aber auch alle anderen Geflüchteten, von Anfang an wie Menschen zweiter Klasse, wie einen Menschen, den man nicht ernst nehmen muss, der kein menschenwürdiges Leben verdient, behandelt.
Break the Silence! Wir werden unsere Forderungen nach grundlegenden Veränderungen immer wieder gemeinsam auf die Straße tragen! Wir werden uns nicht mit leeren Versprechungen nach Aufklärung abspeisen lassen. Wir wünschen uns, dass die vielfältigen Stimmen derjenigen, die schon zu lange nicht ernst genommen und überhört wurden, gemeinsam laut werden und endlich angehört werden. Wir wollen gemeinsam die Stimmen für diejenigen erheben, die nicht mehr für sich selbst sprechen können, weil ihnen rassistische Strukturen und die dahinter agierenden Menschen ihr Leben nahmen. Wir wollen uns unserem Schmerz und unserer Erinnerungen wieder in Form von lebendigem Widerstand selbst bemächtigen! Und deshalb fordern wir auch Orte des würdevollen Gedenkens und Erinnerns.
Kommt mit uns am 13.10., am zweiten Jahrestag von Amed Ahmads Beerdigung, nach Bonn, um gemeinsam zu zeigen, dass Amed nicht vergessen ist, nie vergessen sein wird und wir weiter für Aufklärung und Gerechtigkeit einstehen werden. Wir beklagen hiermit auch alle anderen anderen Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. In Gedenken an alle Menschen, die Schutz vor Krieg und Gewalt gesucht haben und Opfer von Rassismus und staatlicher Gewalt geworden sind. Niemand ist vergessen!