Baldige Urteilsverkündung im Prozess wegen des Mordes an Walter Lübcke und dem rassistischen Mordversuch an Ahmed I. und Aufruf zu solidarischen Grußbotschaften an Ahmed I.

“Besonders bitter an diesem Tag ist, dass Ernst voraussichtlich nicht wegen des Anschlags auf Ahmed I. verurteilt wird. Die Beweislage ist vor allem dünn, weil die Polizei schlecht ermittelte und das Gericht Ahmeds Aussagen nicht ernst nahm. Wir können uns bei der Aufklärung rechter und rassistischer Taten nicht auf den Staat verlassen. Das wissen wir schon lang.
Lasst uns Ahmed I. zeigen, dass wir ihm glauben, dass Rassismus das Motiv war! Lasst uns Ahmed I. zeigen, dass er nicht alleine ist – nie und vor allem nicht in dieser besonders schweren Woche! Schickt uns bei Instagram, Twitter oder per Mail initiative.6.april [at] gmx.de Videonachrichten oder sonstige Soli-Nachrichten an Ahmed. Wir werden Sie ihm alle weiterleiten. Lasst diese Woche die Solidarität größer sein als das Urteil!”

“Wenn sie damals, nach dem Tod von Şahin, in den Kreisen richtig ermittelt hätten […], hätte meines Erachtens die Katastrophe von Solingen verhindert werden können”

Im Gespräch erinnert Orhan Çalışır an seinen Cousin Şahin Çalışır und berichtet über verpasste Möglichkeiten, der Verhinderung des Solinger Brandanschlags: “Wenn sie damals, nach dem Tod von Şahin, in den Kreisen richtig ermittelt hätten […], hätte meines Erachtens die Katastrophe von Solingen verhindert werden können”. Und Orhan sagt weiter: “Auf staatliche Stellen können und dürfen wir uns nicht verlassen, hat die Erfahrung uns gelehrt. Sie haben diese Morde nicht verhindert. Und nichts sagt uns, dass sie es in Zukunft tun werden. Nur die Selbstorganisation und die Selbsttätigkeit der potentiellen Opfer, der Antirassistinnen und Antirassisten, der Migrantinnen und Migranten, kann rassistische Angriffe und Morde verhindern und uns eine Sicherheit geben.”

“Ich möchte, dass man meinen Vater niemals vergisst!” – Interview mit Gamze Kubaşık, Tochter von Mehmet Kubaşık, der 2006 vom rechtsterroristischen NSU ermordet wurde

 
Gamze Kubaşık ist die Tochter von Mehmet Kubaşık, der am 4. April 2006 vom rechtsterroristischen NSU in Dortmund erschossen wurde. Im Interview mit Ali Şirin, der im Bündnis Kein Schlussstrich Dortmund aktiv ist, spricht sie u.a. über ihren Vater, die Beziehung zu Dortmund und die erste Zeit nach der Ermordung ihres Vaters.
Das «Bündnis Tag der Solidarität / Kein Schlussstrich Dortmund» setzt sich in Solidarität mit den Angehörigen der Mordopfer und allen Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt dafür ein, dass das Gedenken aufrecht erhalten wird und dabei vor allem die Perspektive der Betroffenen im Vordergrund stehen.

16. Todestag von Oury Jalloh und Laye Alama Condé | In Gedenken an alle Opfer rassistischer Polizeibrutalität

Gestern, am 7.1.2021, haben wir an Oury Jalloh, Laye Alama Condé, Amed Ahmad, Katip Arslan, Halim Dener, Michael Haile, Adel B., Mohamed Idrissi, Ousman Sey, Dominique Koumadio, Mohammed Sillah, Slieman Hamade, Christy Omordion Schwundeck, Mareame N’Deye Sarr und alle anderen Opfer rassistischer Polizeibrutalität erinnert und gedacht. Wir gedachten auch denjenigen, deren Geschichte und deren Namen wir noch nicht kennen. Sie alle sind nicht vergessen, solange wir weiter für Aufklärung, Gerechtigkeit und strukturelle Veränderungen einstehen.
 
| Gedenken in Geldern/Kleve und Emmerich |
In Geldern, wo Amed Ahmad zuletzt gewohnt hat, wurde Amed am 6. Juli 2018 widerrechtlich festgenommen, in einen „besonders gesicherten Haftraum“ verbracht, und seiner Rechte und seiner Würde beraubt. Vier Tage später hat man Amed in die JVA Kleve verlegt, wo knapp zwei Monate später ein Feuer in seiner Zelle ausbrach, an dessen Folgen er am 29. September 2018 starb. Die Täter:innen sind immer noch nicht zur Verantwortung gezogen worden, institutioneller Rassismus wird als Motiv nach wie vor nicht untersucht…
Im April 2016 wurde Katip Arslan in Emmerich am Rhein von mehreren Polizeibeamt:innen kontrolliert, zu Boden gebracht, geschlagen und für mehrere Minuten fixiert – obwohl Katip da bereits das Bewusstsein verloren hatte. Die Schilderungen der Zeug:innen dieses Vorfalls erinnern uns stark an den Mord an George Floyd. Wenige Stunden später verstarb der 32-Jährige im Krankenhaus. Die Angehörigen und Freund:innen des Yesiden organisierten einen Trauerzug und forderten Aufklärung über diese unverhältnismäßige Polizeimaßnahme und Gerechtigkeit für Katip. Doch die Staatsanwaltschaft kam bereits wenige Tage nach dem Vorfall zu dem Schluss, dass kein Fehlverhalten der Polizist:innen erkennbar sei…
Wir klagen dieses System der Entrechtung und der Täter-Opfer-Umkehr, der Abwehr von Verantwortung an, wir klagen diesen institutionellen Rassismus und diese gesellschaftlichen Verhältnisse an, die den Tod von Oury, Amed und Katip – und so vieler Anderer – möglich machen.
Wir wollen gemeinsam die Stimmen für diejenigen erheben, die nicht mehr für sich selbst sprechen können, weil ihnen diese rassistischen Strukturen bereits ihr Leben genommen haben. Auf das wir uns solidarisch aufeinander beziehen und füreinander Verbündete sind. Weil wir Menschen sind. Für eine solidarische Gesellschaft der Vielen. Niemand ist vergessen!